Gleich eine „doppelte Ungleichbehandlung“ sehen die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs (BFH) für Anleger mit Verlusten aus Termingeschäften: Sowohl der besondere Verrechnungskreis für Verluste aus Termingeschäften als auch die Begrenzung innerhalb dieses Kreises auf 20.000 Euro pro Jahr seien sachlich nicht gerechtfertigt. Folge: Diese Regelungen seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (Az. VIII B 113/23, AdV). Der Zusatz AdV (Aussetzung der Vollziehung) weist darauf hin, dass es sich zwar nur um eine summarische Prüfung im vorläufigen Verfahren handelt, so dass der Fall nicht automatisch dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Betroffene Anleger können sich aber nun darauf berufen und gegen die Steuerbescheide der Finanzämter vorgehen, indem sie Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
Die BFH-Richter finden deutliche Worte für die Verfassungswidrigkeit der Verlustverrechnungsregeln. So sei es nicht zu rechtfertigen, dass Anleger ihre Verluste aus Termingeschäften nicht mit sämtlichen Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnen können. Zudem könne die asymmetrische Besteuerung dazu führen, dass Verluste typischerweise über die gesamte Laufzeit nicht vollständig verrechnet werden, Anleger also dauerhaft auf ihren Verlusten sitzen bleiben.
Zumal es auch zur Besteuerung von wirtschaftlichen „Scheingewinnen“ komme. So wie im Streitfall, als die Anleger aus Termingeschäften insgesamt nur 23.342 Euro Gewinn erzielten, darauf aber wegen der beschränkten Verrechnung 53.456 Euro Steuern zahlen sollen. „Dies legt zumindest nahe, dass der Gesetzgeber weniger den Anleger davor schützen wollte, zu hohe Verlustrisiken einzugehen, als den Fiskus vielmehr vor den Risiken für das Steueraufkommen“, kommentieren die Richter. Insofern seien die Regeln für Termingeschäfte noch „schärfer“ als die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktiengeschäften, die der BFH ebenfalls für verfassungswidrig hält und die bereits beim BVerfG anhängig ist (Az. 2 BvL 3/21).
Quelle: pressreader.com
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