So entstehen Trader-Fallen

Die Gründe, warum sich Menschen für das Trading entscheiden, sind vielfältig und immer mit der jeweiligen Persönlichkeit verknüpft. Nicht selten ist es der Wunsch nach Unabhängigkeit. Der Job des Traders bietet maximale Freiheit und die Chance auf ein ansehnliches Einkommen. Noch dazu ist es ungeheuer spannend und intellektuell fordernder als die meisten Berufe.

Traden lässt sich überall, wo es einen zuverlässigen Internetzugang gibt. Kein Chef, der ständig wechselnde und widersprüchliche Anweisungen erteilt. Als Trader muss man sich noch nicht einmal mit Angestellten herumplagen. Wer die emotionale Beanspruchung der Geschäftswelt erlebt hat, der weiß die Unabhängigkeit des Trader-Lebens zu schätzen.

Aus dem Preis der Freiheit entsteht die Trader-Falle

So viel Positives hat aber auch seinen Preis. Die Börse schützt den Trader nicht vor sich selbst. Und bei manchen Tradern bedeutet es, dass sie sich aufführen wie Jugendliche mit Hormonschwankungen. Solche emotionalen Kapriolen sind auch in den Märkten wiederzufinden. Die Folge ist, dass sich Märkte so bewegen, dass möglichst viele Trader nur selten Geld verdienen.

Trader reden sich den Markt schön

Trader reden ständig mit sich selbst, und überzeugen sich ununterbrochen mit neuen Argumenten. Zu sich selbst sind die Trader wie penetrante Autoverkäufer, die alte Rostlauben, als Vintage-Stil verkaufen wollen.

Der Realitätsverlust tritt sofort nach der Eröffnung der Handelsposition ein. Die Stärke des Realitätsverlustes steht in einem direkten Zusammenhang mit der Höhe des riskierten Kapitals. Je mehr Risiko im Trade steckt, desto mehr spinnt der Trader. Weil es zu jedem Zeitpunkt bullishe und bearishe Argumente gibt, argumentieren Trader ständig mit sich selbst. Sie gewichten sie, und fällen fortwährend eine Entscheidung.

Sieht sich der Trader einem Verlust gegenüber, dann starrt er solange auf den Chart, bis er genau die Situationen findet, wo der Kurs umkehren wird. Bei einem möglichen Gewinn sieht er die Kasse klingeln, und sagt sich ständig, dass der Markt gut performt hat. Jetzt könnte genau der richtige Zeitpunkt für einen Ausstieg sein.

Das Ergebnis des psychologischen Drucks sind kleine Gewinne und große Verluste. Eben genau das Gegenteil von dem, was in Lehrbüchern steht.

Profi-Trader folgen einem Schlachtplan. Schlechte Trader verbringen zu viel Zeit damit, zu begründen, warum sie Recht haben werden.

Eine kleine Fallstudie zu Trading-Fehler

Lassen Sie uns einen praktischen Fall durchleuchten. Ein Trader hat die MADX-Aktie der Deutschen Euroshop als attraktiven Wert entdeckt. Der Trend der Aktie ist besonders stark, und man muss nur noch den richtigen Einstieg finden. Das wäre die Ausgangsposition.

So könnten die Gedanken des Traders ablaufen:

ES1

Bild 1: Tages-Chart (bis 24.03.15) der Euroshop-Aktie.

Das Signal für den Einstieg kommt am 24.03.15 mit einem bullishen Ausbruch über das Hoch von 46 Euro. Verdächtig ist nur das Handelsvolumen, welches vergleichsweise gering ist. Der Trader denkt sich, dass der Trend stark ist, und damit das Risiko gering bleibt. Also rein in die Long-Position.

ES2

Bild 2: Tages-Chart (bis 10.04.15) der Euroshop-Aktie

Jetzt denkt der Trader, dass es phantastisch läuft, und er ein gutes Näschen für die Aktie hatte. Der RSI in Bild 2 zeigt, dass der Markt gut gelaufen ist. Der RSI übertritt zwar seinen Grenzwert von 70, doch zuvor ist die Aktie auch immer in den überkauften Bereich gelaufen. Folglich bleibt er mit seiner Position zuversichtlich.

ES3

Bild 3: Tages-Chart (bis 17.04.15) der Euroshop-Aktie

Nun bekommt der Trader einen Schreck. Zwei starke Verkaufstage der Aktie. Zusätzlich zeichnet er eine Trendlinie in den Chart und sieht, dass es einen Trendlinienbruch gegeben hat. Alarm! Er ringt mit sich, ob er die Aktie verkaufen sollte. Der Kurs befindet sich ganz nahe an seinem Einstandskurs. Vor ein paar Tagen hat er noch seinem Kumpel von der erstklassigen Euroshop-Aktie erzählt. Wenn er jetzt die Aktie ohne Gewinn abstoßen würde, dann blamiert er sich bei seinem Freund. Plötzlich fällt ihm ein, dass ehemalige Widerstände zur Unterstützung werden. Wenn dem so ist, dann müsste bei 46 Euro eine Unterstützung einsetzen. Dann könnte die Aktie den Aufwärtstrend wieder fortsetzen. Super, das passt!

ES4

Bild 4: Tages-Chart (bis 29.04.15) der Euroshop-Aktie

Nun denkt sich der Trader, dass die Annahme schon richtig war, dass ehemalige Widerstände zur Unterstützung werden. Die Aktie pendelte für mehrere Tage zwischen 46 und 47 Euro. Aber eigentlich hätte sie steigen müssen. Nun kam die Aktie ja noch einmal richtig unter Druck. Verdammt, jetzt die Position im Minus. Vermutlich ist es nur eine zufällige Bewegung denkt er sich. Der Ärger über den Trade wird größer. Jetzt verkaufen wäre aber doof, schließlich gibt es bei 44 Euro die nächste Unterstützung. Es doch sehr unwahrscheinlich, dass die Aktie sowohl die 46 Euro als auch die 44 Euro-Unterstützung durchbrechen würde, oder? Deshalb sichert er sich mit einem Stop-Loss bei 43 Euro ab. Das wäre professionell.

ES5

Bild 5: Tages-Chart (bis 15.05.15) der Euroshop-Aktie

Der Trader fühlt sich bestätigt. Puhh, das war knapp. Fast wurde der Stop-Loss ausgelöst. Aber jetzt läuft es. In den vergangenen Tagen gab es nur grüne bullishe Candlesticks. Der Stop-Loss wurde jeweils tagesgültig eingegeben, und zum Ende des Handelstages vom System wieder gelöscht. Jetzt wäre es unnötig den Stop-Loss zu erneuern, schließlich setzt die Aktie den Aufwärtstrend fort.
Der Trader hat wieder Selbstbewusstsein getankt, und glaubt an die Aktie. Nun denkt er sich, dass es logisch wäre, den Einsatz noch einmal zu erhöhen. Die Aktie steht kurz vor einer grandiosen Rallye.

ES6

Bild 6: Tages-Chart (bis 29.05.15) der Euroshop-Aktie

Der Trader kann es kaum glauben. Mit so einem kräftigen Kursabschlag hat doch niemand gerechnet. Das ist ja völlig überzogen. Er denkt sich, dass der Markt einfach keine Ahnung von der Euroshop-Aktie hat. Was soll’s? Im Mai hat sich Aktie auch schnell wieder erholt.

Der Trader kommt ins Grübeln, ob es nicht am besten wäre, die Position glatt zustellen. Am besten ist es, die Aktie genau zu beobachten, und beim nächsten Aufwärtsimpuls die Position glattzustellen. So werden Verluste minimiert.

ES7

Bild 7: Tages-Chart (bis 29.05.15) der Euroshop-Aktie

Völlig entnervt von der Aktie zieht der Trader seine persönliche Notbremse. Seine Position ist tief im Minus und der Leidensdruck ist nicht mehr erträglich. Sein Selbstbewusstsein und sind Konto sind geschrumpft. Wütend drückt er den Verkaufs-Button, und stellt die Position glatt.

Fazit: Achten Sie auf Ihre Emotionen und verlieben Sie sich nicht eine Position

Psychologische Fallstricke, passieren, wenn man fortwährend Entscheidungen zu einer Aktie trifft. Die Lösung kann deshalb nur sein, dass man vor dem Markteinstieg, einen strikten Plan hat. Wenn der Trade läuft, gibt es keine Entscheidungen mehr, sondern, nur noch die Abarbeitung des Plans.

Ob nun long oder short, spielt für einen Trader keine Rolle. Viel wichtiger ist es, keine eigene Meinung zu einer Aktie zu haben. Es zählt nur Angebot und Nachfrage. Auch gute Aktien fallen, wenn sie vom Gesamtmarkt herabgerissen werden. Hat ein Trader das begriffen, muss er an seinen seelischen Voraussetzungen arbeiten. Er muss wissen, wie er selbst tickt. Nur so kann er seine persönlichen Fallen umgehen. Märkte laufen nicht von allein. Starke Bewegungen gibt es nur mit Gier oder Angst. Deshalb verhält sich der Markt immer wie ein Mensch mit bipolarer Störung.

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