Der Daytrader: Ein besonderer Menschentyp.
Auf der einen Seite mag er die Unabhängigkeit des Trader-Lebens, und auf der anderen Seite ist er oft nicht in der Lage zur Selbstreflexion. Deshalb gibt es in den typischen Daytrader-Märkten, wie zum Beispiel dem DAX oder dem Bund-Future oft die gleichen Kursmechanismen. Erfahrene Trader können aus den Kursmechanismen ein stetiges Gewinnpotenzial erzeugen.
Ein ungewöhnliches Handelssystem
Daytrader sitzen vor ihren Monitoren und beobachten ihre Positionen. In Abhängigkeit vom Marktverlauf und ihren Positionen können sie sich nicht von ihren Emotionen lösen. Gleichzeitig scheuen typische Daytrader das Risiko, über Nacht eine Position zu halten. Sie wollen eigentlich immer gegen Handelsende aus dem Markt heraus. Die typische Zeit dafür beginnt ungefähr 30 Minuten vor Handelsende.
Vor dem Ausstieg starren sie konzentriert auf einem Indikator, der ihnen sagt, dass der Ausstiegszeitpunkt gut ist. Während dessen läuft der Zug weiter. Und wenn das entscheidende Signal nicht kommt, steigt der emotionale Druck in den letzten 30 Minuten enorm an. Dabei sollte den Tradern eigentlich klar sein, dass eine Entscheidung unter Druck keine gute Voraussetzung für einen erfolgreichen Börsenhandel ist.
Das Ende der Börsensitzung verbringen sie zähnepressend, gestikulierend, gierig oder ängstlich. Im Prinzip sind 30 Minuten ausreichend, um aus dem Markt auszusteigen, doch oft hängen sie bis zur letzten Sekunde am Monitor. Sie denken, dass sie immer noch einen besseren Ausstiegskurs erhalten können.
Es ist das Prinzip Hoffnung – allerdings ohne Sinn und Verstand. Manchmal wird es so sein, dass das Verhalten tatsächlich zu einem besseren Ausstiegskurs führt, doch an anderen Tagen läuft es schlecht. Der Kurs entwickelt sich so negativ, und am Ende des Tages müssen sie aus dem Markt aussteigen. Und zwar zu einem sehr ungünstigen Kurs. Diese Trader haben sich selbst in eine verzweifelt Lage manövriert.
Grundsätzlich ist Verzweiflung eine der schlechtesten Emotionen eines Traders. Und diese Trader sind nicht alleine. Wie Ratten auf einem sinkenden Schiff drängen sie zum Ausgang. Sie akzeptieren jeden Kurs, der ihnen angeboten wird.
Was die Sache zusätzlich prekär macht, ist die Tatsache, dass es zum Handelsende nicht genug Liquidität gibt. Das Ergebnis ist eine übertriebene Bewegung. Aber die Verzweiflung des einen, ist der Siegeszug des anderen. Die Sieger suchen die Übertreibung am Ende des Handelstages. Sobald die Kurse ins Extrem laufen, gehen Sie dem Markt entgegen.
Am nächsten Handelstag wird die extreme Bewegung wieder zur Normalität geführt. Es kommt eine Gegenbewegung. Das natürliche Marktgleichgewicht wird wieder hergestellt.
Mit diesen Marktumständen lässt ein profitables Handelssystem bilden:
Damit ein attraktives Einstiegsniveau entdeckt wird, muss bei den Trades ein kleiner Filter vorgeschaltet werden. Für diesen Zweck sind mehrere Indikatoren einsetzbar. Sinnvoll wäre zum Beispiel der RSI(3). Er hat hier eine sehr schnelle Einstellung, die notwendig ist, um die Chancen besser zu erkennen.
Bild 1: FDAX im 15-min-Chart
Im oberen Chart sind drei Trades mit Ein- und Ausstieg dargestellt. Der RSI liegt zu Beginn kurzfristig im Extrem. Am nächsten Handelstag gleicht er die Marktspannung wieder aus. Wie man leicht erkennen kann, dreht es sich hier um schnelles Daytrading. Oft ist die Haltedauer am nächsten Tag nur 15 bis 60 Minuten.
Die ersten beiden Trades sind erfolgreich. Der dritte Trade bringt einen Verlust.
Bild 2: Bund-Future im 15-min-Chart
Das obere Bild zeigt drei Trades mit dem Bund-Future. Alle drei Trades konnten erfolgreich umgesetzt werden. Der dritte Trade ist besonders heftig. Die Lücke zur Eröffnung (Gap) ist sehr groß, und bringt einen hohen Gewinn. Solche Gaps gibt es immer wieder einmal. Das kann natürlich auch einmal in die andere Richtung gehen, so dass ein großer Verlust entsteht. Für das Handelssystem ist das unerheblich. Über ein Jahr gesehen gibt es zwischen 150 und 190 Trades. Ein größerer Verlust wird mit der Zeit wieder aufgeholt.
Einstieg in eine Position
Innerhalb des schnellen RSI gibt es zwei Grenzen, die den Markt als überkauft und überverkauft einstufen. Es ist die 70er und die 30er-Grenze. Ist der RSI(3) in den letzten 30 Minuten über 70 oder unter 30 sollte man eine Gegenposition einnehmen.
Ausstieg aus einer Position
Der Ausstieg aus einer offenen Position kommt zum nächsten Handelstag. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass der Markt schnell zu einem Ruhezustand kommen wird. Der Ruhezustand ist erreicht, wenn der RSI(3) die 50er-Mittellinie durchkreuzt. Das ist das Ausstiegssignal.
Für Extremfälle kann man sich zusätzlich durch einen Stop-Loss absichern. So wäre zum Beispiel ein Stop-Loss mit einem dreifachen Average-True-Range(14) ein sinnvolles Maß.
Richtet sich der Trader nach den beschriebenen Handelsregeln kann er mit folgenden Ergebnissen beim DAX oder beim Bund-Future in der 15-Minuten-Einstellung rechnen:
Trefferquote: 70%
Durchschnittsgewinn / -verlust: 0,60
Profitfaktor: 1,40
Eine (falsche) Trading-Regel
In vielen Trading-Lehrbüchern gibt es die Aussage, dass Positionen über Nacht ein unkalkulierbares Risiko darstellen. Das ist keine hilfreiche Regel. Im Gegenteil, vielen Daytradern entgehen dadurch Chancen. Der Grund für die Standardregel liegt in der Tatsache, dass Daytrader sich nicht mit den Gaps beschäftigen möchten. Das ist aus Sicht des Daytraders legitim, denn schließlich hat er während des Daytrading so viel Stress, dass am Ende des Handelstages ein „Schlussstrich“ gezogen werden sollte. Würden die Positionen über Nacht offen bleibt, neigt der typische Daytrader dazu, andere Märkte zu beobachten, die einen Einfluss auf die Position haben könnten. Damit ist die Versuchung groß in ein 24-Stunden-Trading hineinzuschlittern. Aus gesundheitlicher Sicht ist das unakzeptabel.
Einfach und effektiv
Dieses kleine Handelssystem ist gut, weil es einfach, effizient und zur Massenpsychologie passt. Solange es am Ende des Handelstages Angst und Gier gibt, wird das System ewig weiter funktionieren. Damit jemand gewinnen kann, muss ein anderer zu einem ungünstigen Kurs verkaufen. Der emotionale Druck des einen, ist der Schlüssel zum Erfolg des anderen.
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