Eine Zyklusanalyse ist eine Methode, die von vielen Händlern und Investoren verwendet wird, um den zyklischen Charakter von Märkten und Wertpapieren zu identifizieren und zu analysieren. Es gibt verschiedene Ansätze zur Zyklusanalyse. Ein häufiges Vorgehen besteht darin, die Zeitpunkte von Hochs und Tiefs im Preisverlauf des Wertpapiers zu identifizieren und diese dann zu analysieren, um Muster zu erkennen und zukünftige Preisbewegungen vorherzusagen.
Sehr viele Analysten sprechen von Zyklen, doch sie wenden die Vorteile einer Zyklusanalyse nicht oft an. Um es vorweg zu nehmen, der große Vorteil liegt in der Zukunftsprognose. Der ideale Zyklus ist immer eine Sinus-Kurve, die wir aber ignorieren können, weil die Kurse sich nicht nach der Mathematik richten (siehe Bild 1).
Bild 1: Sinuskurve in der Theorie
Der rote Verlauf zeigt beispielhaft eine Sinuskurve. Die beiden Hochpunkte entsprechen der Zykluslänge. Die Differenz des höchsten und tiefsten Punktes entspricht der Amplitude. Bezogen auf die Kursanalyse wirken mehrere Zyklen gleichzeitig auf den Markt ein. Die unterschiedlichen Zyklen unterscheiden sich dabei in der Zykluslänge und der Amplitude.
Die Basis jeder Zyklenanalyse ist immer die Datensammlung. Ohne ausreichende Daten, gibt es nur vage Annahmen. Besonders die langfristigen Zyklen sind deshalb weniger praxisrelevant. Kennen Sie zum Beispiel den Kondratjew-Zyklus? Nikolai Kondratjew veröffentlichte 1926 in der Berliner Zeitschrift Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik seinen Aufsatz über lange Konjunkturzyklen. Hierin stellte er anhand empirischen Materials aus Deutschland, Frankreich, England und den USA fest, dass die kurzen Konjunkturzyklen von langen Konjunkturwellen überlagert werden. Diese dauern 40 bis 60 Jahre an und bestehen aus einer länger andauernden Aufstiegsphase und einer etwas kürzeren Abstiegsphase. Die Talsohle wird durchschnittlich nach 52 Jahren durchschritten.
Hatte Kondratjew recht mit seiner Zyklenanalyse? Möglich wäre es, doch es könnte auch falsch sein. Ohne genau auf seine Argumente eingehen zu wollen, bleibt immer die Unsicherheit, dass es viel zu wenige Daten gibt, um die Kondratjew-Zyklen zu bestätigen. Ähnlich verhält es sich übrigens auch mit den Klimadaten. Sehr viele Wissenschaftler haben eine Meinung zum Klimawandel. Sieht man sich die Datenbasis an, dann reicht diese nur bis zum Jahr 1850. Das klingt zunächst lange, doch die weltweite Durchschnittstemperatur kann nur einmal pro Jahr errechnet werden. Deshalb gibt es nur 172 Datensätze (von 1850 bis 2022). Das ist eindeutig zu wenig Datenmaterial, um präzise Aussagen zu tätigen.
Arbeitsschritte bei der Zyklusanalyse
1. Sammeln Sie historische Daten über den untersuchten Markt. Die Datenreihen müssen so lang sein, dass sie mehrere vollständige Zyklusbewegungen herausarbeiten können.
2. Identifizieren Sie den primären Trend des Marktes. Hierfür können Sie verschiedene Methoden wie Trendlinien, gleitende Durchschnitte oder Fibonacci-Retracements verwenden.
3. Versuchen Sie, wiederkehrende Muster in den Daten zu identifizieren. Diese Muster können saisonale Zyklen, Wellenmuster oder andere regelmäßige Bewegungen auf dem Markt sein.
4. Schätzen Sie die Länge der identifizierten Zyklen ab. Orientieren Sie sich an den Tiefs und Hochs im Kursverlauf.
5. Legen Sie mehrere Zyklen übereinander und versuchen Sie die Bewegungen in die Zukunft zu übertragen. An den Punkten, wo sich die Hoch beziehungsweise Tiefs der Zyklen annähern, könnte ein markanter Wendepunkt im Markt liegen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Zyklenanalyse keine Garantie für zukünftige Ergebnisse bietet und dass Marktbewegungen oft von unvorhergesehenen Ereignissen beeinflusst werden können. Am besten Sie kombinieren die Zyklenanalyse mit anderen Analysemethoden, um eine höhere Genauigkeit zu erreichen. Wenn Sie zum Beispiel ein zukünftiges Hoch oder Tief identifiziert haben, können Sie mithilfe eines Stochastik-Oszillators den Ein- und Ausstieg perfektionieren.
Was müssen Sie beim Suchen der Zyklen beachten?
Wenn es darum geht, eine Zyklusanalyse zu starten, gibt es keine festen Regeln, aber viele Analysten bevorzugen es, von den Tiefpunkten aus zu starten. Dies hat mehrere Gründe:
Tiefpunkte stellen oft wichtige Wendepunkte im Preisverlauf dar. Wenn ein Markt oder ein Wertpapier einen Tiefpunkt erreicht, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass der Verkaufsdruck erschöpft ist und die Käufer die Kontrolle übernehmen werden. Diese Umkehrbewegungen sind oft zyklische Wendepunkte, an denen eine neue Kursbewegung beginnt.
Tiefpunkte können auch als Unterstützungs- oder Widerstandsniveaus dienen. Wenn ein Markt oder ein Wertpapier einen Tiefpunkt erreicht, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass es auf diesem Niveau Unterstützung gibt, was bedeutet, dass es weniger wahrscheinlich ist, dass der Preis darunter fällt. Auf der anderen Seite kann ein Tiefpunkt auch ein Widerstandsniveau sein, was bedeutet, dass es schwieriger sein kann, darüber zu steigen.
Indem man von den Tiefpunkten aus startet, kann man auch die Länge und den Rhythmus von Preiszyklen genauer bestimmen. Wenn man die Zeitabstände zwischen den Tiefpunkten misst, kann man die Länge des Preiszyklus und dessen Rhythmus besser verstehen und möglicherweise Vorhersagen über zukünftige Kursbewegungen treffen (siehe Bild 2).
Bild 2: S&P 500 – Zyklus Prognose über zwei markante Tiefs
Im Chart sehen Sie eine grobe Zyklusanalyse, die sich auf Basis der beiden Tiefs ergibt (eingekreist). Die Linie besitzen alle einen identischen Abstand, der sich aus der Idee der Sinuskurve ergibt. Während Linie Nummer 1 nur knapp die Hochpunktprognose verpasste, scheint Nummer 2 völlig unbedeutend zu sein. Die Nummer 3 zeigt schon relativ genau wieder ein neues Tief. Die Nummer 4 ist dann schon ziemlich eindeutig und markiert ein starkes Tief. Wenn man dabei betrachtet, dass die Ausgangstiefs zeitlich weit entfernt liegen, dann ist die zyklische Prognosewirkung erstaunlich. Des Weiteren ergibt sich ein Kursziel bei circa 4200 Punkten (letzte vertikale Linie – eingekreist).
Wie viele Zyklen sollte man untersuchen, um eine Prognose zu erstellen?
Es gibt keine feste Anzahl von Zyklen, die untersucht werden sollten, um eine Prognose zu erstellen. Die Anzahl der Zyklen, die untersucht werden sollten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Länge des Markttrends, der Volatilität des Marktes und der Zeitdauer, über die man eine Prognose erstellen möchte. Bild 3 zeigt ein Beispiel mit drei Zyklen.
Bild 3: S&P 500 – Zyklus Prognose mit drei unterschiedlichen Zyklen
Im Chart befinden sich drei verschiedene Zyklen, die über markanten Tiefs eingezeichneten wurden. Sie sind farblich zu unterscheiden in schwarz, rot und blau. Man könnte es auch als lang,- mittel- und kurzfristig bezeichnen. Je dichter die Linien zusammenliegen, desto wahrscheinlicher wird die Prognose für ein Hoch oder Tief des Marktes.
Im Allgemeinen ist es jedoch sinnvoll, eine ausreichende Anzahl von Zyklen zu untersuchen, um Muster und Trends zu identifizieren. Einige Analysten bevorzugen es, mindestens drei vollständige Zyklen zu untersuchen, um die Länge und den Rhythmus des Zyklus besser zu verstehen. Andere bevorzugen es, fünf oder mehr Zyklen zu untersuchen, um eine breitere Basis für ihre Prognosen zu haben.
Fazit:
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass vergangene Zyklen nicht immer präzise Hinweise auf zukünftige Entwicklungen bieten, da sich die Marktbedingungen und Trends ändern können. Daher sollten Zyklen als ein Werkzeug zur Informationsbeschaffung und als Teil eines umfassenderen Ansatzes zur Analyse von Markttrends und -bedingungen betrachtet werden.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar